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Beginnt man, sich näher mit Pflanzen zu beschäftigen, geschehen seltsame Dinge. Scheinbar unumstößliche Gewohnheiten ändern sich, dem eingefahrenen Geschmack tun sich neue Tore auf, Pflanzen laufen einem nach und bieten ihre Freundschaft an ...
Ich war Milchkaffeeliebhaber, mit Kräutertee konnte man mich jagen, was im Kinderschreck Kamillentee gipfelte. Was dagegen immer schon da war: Die Liebe zur Natur und allem Grünzeug, sei es unter den Füßen oder im Mund. Wie ein Hobbit konnte ich im Gesträuch oder einer hohen Wiese sitzen und versonnen dem Wesen der Blumen, Kräuter und Bäume nachspüren. Der Wunsch, die Geheimnisse der Pflanzen tiefer zu ergründen war da, aber das Selbststudium mit Büchern blieb unbefriedigend. Als Stückwerk vergaß ich das meiste ebenso schnell, wie es angelesen war.
Als ich von Susannes Heilkräuter-Ausbildung las und sowieso eben von Hamburg aufs Land gezogen war, ergriff ich die Chance. Und es wurde ein Jahr der Fülle und Neuentdeckungen - eine Zeit, die begann, etwas tiefgreifend anzustoßen. Endlich bekam ich die Wissensfülle so strukturiert, dass ich die Zusammenhänge begreifen, mir Informationen merken und weiteres Wissen erarbeiten konnte. Neben fundierten medizinischen Grundlagen näherten wir uns den Pflanzen auch seelisch und sinnlich: Wir erforschten den Charakter der Pflanzen, erfuhren alte Gebräuche aus der Volksmedizin, hörten Kräutermärchen und bereiteten gemeinsam Essen mit Wildkräutern zu. Die Schätze von den Exkursionen wurden zu Essenzen und Extrakten, Ölen und Salben, Shampoo und Seife verarbeitet, nicht zu vergessen Kräutersalz und Blütenhonig.
In diesem Jahr traf ich mich mit Pflanzen auf du und du, die ich bisher noch kaum wahrgenommen hatte. Und mit der sanften Kamille schloss ich zärtliche Freundschaft. Nachdem ich das durch Überdüngung und Pestizideinsatz selten gewordene Geschöpf in weitem Umkreis gesucht hatte, war ich überglücklich, sie am Feldrand eines Biohofes im Wendland zu entdecken und bekam die Nase kaum noch aus dem gepflückten Kräuterbusch. Kurze Zeit später war ich bass erstaunt, ein kleines Kamillepflänzchen in meinem eigenen Beet vorzufinden!
Die tiefgreifende Annäherung an die Pflanzenwesen brachte das Bedürfnis auf, sie mehr und mehr mit allen Sinnen zu erfahren. Und plötzlich schmeckte mir Kräutertee, ja ich war wie berauscht von dem Erlebnis der so vielen verschiedenen Geschmäcker zwischen Schafgarbe und Beifuß, Angelika und Galgant. Und erprobe nun mit Begeisterung immer neue Teemischungen. Selbst den Gästen schmeckt's ...
Ihr seht, das Internet ist schlecht geeignet, Pflanzen wirklich kennenzulernen. Aber vielleicht, um einen Schlüssel in die Hand zu geben und den Funken der Begeisterung zu zünden. Wohlan!